Data is Money oder vom Geldwert einer BH-Größe
Zeit ist Geld, heißt der alte Satz. Heute muss ein weiterer hinzukommen: Informationen sind Geld. Vor allem persönliche Informationen. Vor ein paar Tagen landete eine Mail von einem Online-Shop in meinem Postfach, bei dem ich vor einigen Jahren einmal Unterwäsche gekauft hatte. Für 15 EUR Rabatt sollte ich mich anmelden, meine BH-Größe und sonst noch allerhand Informationen über meine körperlichen Merkmale hinterlegen und dann würde ich zukünftig bei jeder Bestellung weitere Rabatte erhalten. Und ganz individuelle Angebote, extra für mich ausgesucht, versteht sich.
15 EUR für meine Daten
Da müsste man mir schon deutlich mehr als 15 EUR bieten bevor ich solche Informationen in einem Online-Shop hinterlegen würde, dachte ich. Sofern ich das überhaupt täte. Jede Wette, dass der Gewinn, der mit der Verwertung meiner Daten gemacht wird, ein Vielfaches von 15 EUR und ein paar Rabatten beträgt.
Ziemlich zeitgleich versuchte meine zehnjährige Tochter eine Klassenkameradin davon zu überzeugen, sich Threema für ihr Smartphone anzuschaffen. „Mama hat Whatsapp verboten, weil sie im Datenschutz arbeitet“, lautete die Begründung. Der Vater der Klassenkameradin wiederum verhinderte die Anschaffung von Threema. Dafür Geld auszugeben würde sich ja nicht lohnen, wo es doch schließlich kostenlos Whatsapp gebe, das ohnehin alle Leute nutzten.
Verkehrte Welt. 1,79 EUR für eine App, die Privatsphäre schützt, sind zu viel. Lieber füttern wir Firmen mit intransparenten Datenschutzpraktiken mit allen erdenklichen Intimitäten, die diese dann zu Geld machen, und freuen uns über „kostenlose“ Apps. Es ist höchste Zeit, dass das aufhört. Leider nur wurde und wird der wirtschaftliche Wert von Daten im Zusammenhang mit der Reform des Datenschutzrechts schwerpunktmäßig nur in Bezug auf die Unternehmen diskutiert. Das ist sicher nicht falsch, aber ebenso dringend nötig wären aber Regelungen, die uns alle am Geldwert unserer Daten teilhaben lassen und zwar am tatsächlichen Wert.
Eine echte Wahl
Fast noch wichtiger wäre es allerdings uns im ersten Schritt eine wirkliche Wahl zu lassen, ob wir unsere Daten Firmen zur Verwertung überlassen. Im Fall des Online-Shops habe ich noch die Wahl, ob ich meine persönlichen Informationen für 15 EUR und nachfolgende Rabatte verkaufe. In der Regel aber haben wir diese Wahl nicht; es sei denn wir wollen gleich ganz auf die Nutzung des Internets und unserer Smartphones verzichten. Gleichzeitig werden die Unternehmen mit Milliardenwerten gehandelt, deren Geschäftsmodell die Ausbeutung unserer Daten ist, Facebook und Google sind nur die bekanntesten Beispiele.
Diese Dinge könnten gesetzlich geregelt werden. Das hieße aber, unser bisheriges Verständnis von Datenschutz abzulösen und durch ein ganz anderes Modell zu ersetzen. Ich fürchte, dafür ist die Zeit noch nicht reif, obwohl sie es sein müsste.
P.S.
Wer sich für die Einzelheiten dieses Blicks auf den Umgang mit persönlichen Daten interessiert, dem sei das Buch des amerikanischen Autors Jaron Lanier empfohlen, „Who owns the Future?“, auf Deutsch unter dem Titel „Wem gehört die Zukunft?“ im Hoffmann und Campe Verlag erschienen.