Videoüberwachung: Erst Nachdenken, dann filmen
„Ich dachte, das ist nur ein theoretisches Problem“, sagte ein Anwaltskollege von uns einigermaßen verblüfft, als wir ihm berichteten, dass der niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte wohl ein Bußgeld gegen unseren gemeinsamen Mandanten verhängen würde. Das Vergehen: Der Geschäftsführer einer kleinen Frisörkette hatte veranlasst, dass Mitarbeiter als auch Kunden mit einer Webcam gefilmt werden. Die Bilder landeten auf seinem Laptop. Der Grund für die Maßnahme?
Abschrecken und Kontrollieren
Zum einen waren die insgesamt vier Läden mit zahlreichen antiken Sammlerstücken aus dem Frisörgewerbe ausgestattet; Scheren, Lockenwickler, Glätteisen und ähnliches mehr. Das trug zum Charme der Läden bei, weckte aber auch bei Dieben Begehrlichkeiten. Zum anderen hatte es mehrfach Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung gegeben und der Geschäftsführer sah sich mit einer Steuernachforderung in erheblicher Höhe konfrontiert. Mittels Kamera wollte er nicht nur Diebe abschrecken, sondern auch im Blick behalten, welche Summen über den Tresen gingen – oder eben auch nicht.
„Aber es hängen doch überall Kameras!“, ist eine gängige Begründung, wenn man selber noch eine dazu hängen will. Ja, an vielen Stellen filmen Kameras die Umgebung – leider, und viele davon müssten nach einer gründlichen Überprüfung der rechtlichen Voraussetzungen vermutlich wieder abgehängt werden, denn, nein – es ist nicht erlaubt beliebig Flächen und Menschen zu filmen.
Die Spielregeln
Genauso wie es Regeln gibt, wie und wo man seinen Müll entsorgen darf und wo nicht, gibt es Regeln für den Betrieb von Kameras durch Privatleute, die öffentlich zugängliche Flächen filmen. Diese Regeln finden sich in § 6 b des Bundesdatenschutzgesetzes. Der Düsseldorfer Kreis, der Zusammenschluss der Datenschutzbeauftragten aus Bund und Ländern, hat vor kurzem eine sog. Orientierungshilfe veröffentlicht, in der ausführlich beschrieben ist, was in Sachen Videoüberwachung erlaubt ist, und was nicht.
Risiken und Nebenwirkungen
Die Risiken und Nebenwirkungen einer nicht erlaubten Videoüberwachung sind Bußgelder in durchaus beachtlicher Höhe, die vom Landesdatenschutzbeauftragten des Bundeslandes verhängt werden können, in dem das jeweilige Unternehmen seinen Sitz hat. Für Hamburg ist dies der Hamburgische Datenschutzbeauftragte.
Erst kürzlich traf es die Autowasch-Kette Mr. Wash, die vom Landesdatenschutzbeauftragten in Rheinland-Pfalz einen Bußgeldbescheid über 64.000 EUR erhielt, eingerechnet 10.000 EUR für die Nicht-Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten.
Hinzukommen können noch Schadensersatzansprüche von Kunden oder Mitarbeitern wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Im Fall unseres Frisörs beträgt die diesbezügliche Forderung einer ehemaligen Mitarbeiterin ebenfalls 10.000 EUR.
Fragen Sie jemanden, der sich auskennt
Vor diesem Hintergrund lautet unsere dringende Empfehlung: Erst nachdenken, dann (vielleicht) filmen. Der Unmut über die allgegenwärtige Überwachung hat deutlich zugenommen und immer mehr Menschen sind bereit, sich auch darüber zu beschweren. Von unzufriedenen Mitarbeitern, die eine Kamera als willkommenen Anlass für Streit nehmen, einmal ganz abgesehen. Auf den im Datenschutzrecht zu lange gültigen Satz „wo kein Kläger, da kein Richter“, sollte man sich daher nicht mehr verlassen.
Sofern Sie eine Videoüberwachung von Geschäftsräumen, Firmengeländen oder auch einzelnen Bereichen wie Kassen planen, fragen Sie zuerst Ihren Datenschutzbeauftragten oder sonst jemanden, der sich auskennt. Abgesehen von Fällen, in denen Filmen unter keinen Umständen erlaubt ist – in Toiletten, Umkleidekabinen oder Pausenräumen der Mitarbeiter – lässt sich mit dem Datenschutzbeauftragten meistens ein Konzept erstellen, das eine Videoüberwachung auf legale Füße stellt und unangenehme Folgen verhindert.