Im Tarnanzug in Berlin. Eine Glosse
Foto: (c) T.Schulz
Datenschutz ist dröger Formalkram? Weit gefehlt! Mitunter erfordert die Arbeit als Datenschutzbeauftragte sogar vollen Körpereinsatz. So geschehen vor rund vier Wochen in Berlin. Da bemühen wir uns immer um ordentliches Aussehen, bevor wir zu Kunden gehen, kämmen die Haare und wischen die Fusseln vom Hosenanzug, und dann das: in einem dunklen, engen Archivkeller voller Schimmel werden wir in einen Ganzkörperanzug gesteckt und mit einer Atemmaske ausgestattet. „Wir wollen ja nicht, dass sie hier Schaden nehmen, Frau Dr. Kähler!“
Das hoffe ich doch sehr, ich werde noch gebraucht und das nicht nur für den Datenschutz. Aber seien Sie unbesorgt, mit diesem Outfit haben Sie für Krankenhaus Standards gesorgt! So sah ich zuletzt aus, als ich meine Tochter im Krankenhaus besuchte, die dort mit dem Verdacht auf Keuchhusten lag und der ist bekanntlich furchtbar und auch furchtbar ansteckend. Doch, was für ein Glück. Im Datenschutz geht es nicht um ansteckende Krankheiten, sondern um Löschungsfristen, jedenfalls an diesem Morgen. Es galt, die datenschutzkonforme Archivierung oder Vernichtung der vermoderten Akten zu organisieren. Ihr Inhalt war zwar unter der Atemschutzmaske und einer beschlagener Brille fast nicht mehr zu erkennen, aber so schnell sind wir ja nicht zu erschrecken. Halluzinationen lagen in der schimmelig-schlechten Luft, wusste die beim Kunden verantwortliche Mitarbeiterin zu berichten. Sie habe beim ersten Betreten des Raumes nach einer Weile Spinnen die Wand hoch laufen sehen, die dann aber doch gar nicht dort waren. Nehmen Sie’s leicht, riet der Vorgesetzte, für solche Effekte bezahlen manche Leute viel Geld! Aber, sehr geehrter Herr Vorgesetzter, so geht es nicht. Ein schöner Rausch mit Kopfkino ist das eine – aber doch nicht am Arbeitsplatz im dunklen Keller, da wissen wir wirklich etwas Besseres. Und überhaupt, Spinnen. Die fallen wohl kaum in die Rubrik schöner Rausch aber, ich schweife ab. Ganz ohne weitere Komplikationen sortierten wir die Akten anhand der verschiedenen Archivierungsfristen. Was lehrte uns dieser vergnügliche Vormittag? Harmlos wirkende Terminbitten von Kunden sollte man mitunter genauer hinterfragen und im Zweifel den Tarnanzug einpacken. Dann können Datenschutzbeauftragte gefahrlos mal ganz praktisch die Folgen ihrer Ratschläge ausbaden.