Die IP-Adresse im datenschutzrechtlichen Blickwinkel
Im Mittelpunkt von Datenschutz steht der Umgang mit personenbezogenen Daten. Personenbezogene Daten sind nach dem Bundesdatenschutzgesetz einerseits Informationen, die eine Person direkt beschreiben; „Frau Martina Mustermann, Sachbearbeiterin bei der Versicherung A in Hamburg“. Die zweite Gruppe personenbezogener Daten sind die sog. personenbeziehbaren Daten. Die Daten also, die mit Hilfe von Zusatzinformationen eine Person identifizierbar machen. „Die größte Teilnehmerin des Seminars am 24. April“. Wer sich diese Zusatzinformationen beschaffen kann, differiert von Fall zu Fall. IP-Adressen gelten nach der Interpretation der deutschen Datenschützer und auch nach der überwiegenden Meinung der Rechtsprechung als „personenbeziehbare“ und damit personenbezogene Daten, die dem Schutz der Datenschutzgesetze unterliegen. Auch dann, wenn es im Einzelfall sehr unwahrscheinlich sein mag, dass jemand sich die Zusatzinformationen beschafft – beschaffen kann -, die man bräuchte, um hinter der Nummer einen Namen zu erkennen. Die Einordnung von IP Adressen als personenbezogene Daten ist unter anderem im Zusammenhang mit dem Einsatz von Tracking Tools auf Webseiten interessant.
Unwichtig?
„Außer ein paar Datenschützern interessiert sich doch sowieso kein Mensch für IP-Adressen“, beschwerten sich die Mitarbeiter eines Kunden, die eine Software entwickeln, mit der Bewegungen auf Webseiten nachverfolgt werden können.
Sie bestritten mein Argument, dass ein Konzern wie Google, der auf Millionen von personenbezogenen Daten aus verschiedenen Quellen sitzt, durchaus über Möglichkeiten der Identifizierung von Personen anhand der IP-Adresse verfüge, indem er sie mit Daten aus anderen Quellen verknüpft. Das ginge doch schon deshalb nicht, weil IP-Adressen in der Regel „dynamisch“ vergeben würden, also ständig wechselnd. Die IP Adresse, die einem Rechner bei der Einwahl ins Internet morgens um acht Uhr zugewiesen werde, könne abends schon eine andere sein. Selbst wenn man weitere Informationen hinzufügen würde, könnte nicht auf die einzelne Person geschlossen werden.
Die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten
Wirklich? Wenn das so harmlos und unmöglich wäre – warum sollte dann Google IP-Adressen speichern, beispielsweise beim Einsatz von Google Analytics? Was sollte dann das Interesse daran sein? Es ginge ja auch anders. Außerdem – es werden ja nicht nur IP-Adressen erfasst, sondern auch verschiedene Identifikationsdaten eines Rechners, z.B. die Daten des verwendeten Betriebssystems, Spracheinstellungen und Angaben über den Browser und ähnliches mehr. IP-Adressen lassen sich Regionen zuordnen. Man kann also anhand einer bestimmten Zahl feststellen, ob die Internetverbindung aus Nord- oder Süddeutschland kommt. Mein Verständnis von Mathematik hält sich in sehr engen Grenzen, aber soweit ich weiß, lassen sich Wahrscheinlichkeiten berechnen. Es würde mich interessieren, zu welchem Ergebnis die Wahrscheinlichkeitsrechnung käme. Mit welcher Wahrscheinlichkeit kann von einer dynamischen IP-Adresse durch Verknüpfen mit anderen Informationen auf eine bestimmte Person geschlossen werden? Je mehr Angaben zur IP-Adresse hinzugefügt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, wäre meine Vermutung.
Zahlen als knappes Gut
Diese Diskussion wird in Kürze eine ganz andere Bedeutung bekommen, dann nämlich, wenn der bisherige „IPv4“ Standard des Internets, von „IPv6“ abgelöst wird. Der Grund liegt in der Tatsache, dass die IP-Adressen knapp werden. Der IPv4 Standard bietet einen Adressraum von etwas über vier Milliarden IP-Adressen, mit denen Computer im Netz angesprochen werden können. Das war in der Anfangszeit des Internets vollkommen ausreichend. Jetzt, im Jahr 2011, werden die letzten Adressräume nach dem IPv4 Standard durch die regionalen Adressvergabestellen vergeben – dem Internet drohen die Adressen auszugehen. Dem soll durch die Ablösung des IPv4 durch den IPv6 Standard abgeholfen werden. Diese neuen Adressen aber sind – allesamt feste IP-Adressen. Auf diese Weise ist dann aber jeder Computer anhand der IP-Adresse eindeutig identifizierbar. Höchste Zeit also, der heimlichen Profilbildung im Internet ein Ende zu setzen.