Datenschutz „Vertrauenssieger“

- Januar 8, 2012

Nach einer Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom sind die Krankenkassen und Banken, aber auch Ärzte und Krankenhäuser „Vertrauenssieger“ beim Datenschutz – soll heißen, die Deutschen vertrauen diesen Institutionen am meisten hinsichtlich des sorgfältigen Umgangs mit ihren Daten. Dies habe eine repräsentative Umfrage des IT-Branchenverbandes Bitkom unter mehr als 1000 Deutschen über 14 Jahren ergeben.

Keine Aussage über Datenschutzkenntnisse

„Die vom Bitkom veröffentlichten Werte sagen nichts über die Kenntnisse in Sachen Datenschutz aus, die die Befragten besitzen. Sie geben auch keine Hinweise, inwieweit grobe Verstöße wie die Panne mit Patientendaten in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden“ merkt heise.de in einem Artikel zum Thema an. In der Tat muten diese Ergebnisse für alle, die sich ein wenig in Sachen Datenschutz auskennen, wie ein Witz an. Beispiel Krankenkassen: Diese sind durch ein kompliziertes System nach den Sozialgesetzbüchern offiziell auf die Kenntnis weniger Daten über ihre Versicherten beschränkt. Insbesondere sollen sie, so will es das gesetzliche System, praktisch nichts von den konkreten Erkrankungen ihrer Versicherten erfahren. Die Realität sieht anders aus, berichten alle diejenigen, die Krankenkassen von innen kennen. Jeder Mitarbeiter einer Krankenkasse, der wolle, könne alle Informationen über Versicherte erfahren.

Der Umgang mit Patientendaten ist von Sorglosigkeit geprägt

Beispiel Krankenhäuser: Ich habe im letzten Jahr wegen einer Erkrankung meiner Tochter mehr Krankenhäuser von innen gesehen, als in den 40 Jahren meines Lebens zuvor. Danach, und aufgrund meiner beruflichen Beschäftigung mit Datenschutz im medizinischen Umfeld kann ich nur feststellen, dass sich mein Vertrauen in den datenschutzkonformen Umgang mit Patientendaten gen Null bewegt. Ausnahmen, die die Regel bestätigen, sind inbegriffen. Es rückt offensichtlich erst ganz langsam ins Bewusstsein der Ärzte, dass es einen untrennbaren Zusammenhang zwischen ärztlicher Schweigepflicht und Datenschutz gibt. Worin sich das Vertrauen der von Bitkom Befragten gründet, ist mir rätselhaft.

Abhilfe durch Selbstverpflichtungen?

Bitkom nimmt die Ergebnisse der Studie zum Anlass, für „strenge“ Selbstverpflichtungen der Unternehmen und Behörden zu werben. Mit Selbstverpflichtungen könne man „schnell, flexibel und international abgestimmt reagieren“, meint Bitkom-Präsident Dieter Kempf. Dies impliziert unausgesprochen, dass Selbstverpflichtungen der Vorzug vor staatliche Vorgaben zu geben ist. Die Erfahrungen mit der Versicherungswirtschaft lehren allerdings anderes. Die Datenschutzbeauftragten der Länder versuchen seit vielen Jahren, mit der Versicherungsbranche zu einem Selbstverpflichtungskodex zur Einhaltung von Datenschutzstandards zu kommen. Das Ergebnis lässt immer noch auf sich warten. Auch die Erfahrungen mit den sozialen Netzwerken lehren ein anderes. Erst nach der Androhung von Bußgeldern durch das ULD in Schleswig-Holstein waren Facebook als auch Google bereit, über Datenschutzverpflichtungen zu diskutieren. Wenn Bitkom trotzdem auf Selbstverpflichtungen setzt, sollte Herr Kempf sagen, wie Selbstverpflichtungen nicht zu einem Freibrief fürs Nichtstun werden.

URL der zitierten Artikel:

http://www.bitkom.org/70877_70870.aspx

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Krankenkassen-sind-Vertrauenssieger-beim-Datenschutz-1403078.html

 

 

 

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