Datenschutz ist das neue Grün
In der vorletzten Woche fand in Köln die sogenannte Datenschutzfachtagung („DAFTA“) der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit statt. Der Titel des Treffens mehrerer hundert Datenschutzinteressierter lautete: „Neues Datenschutzrecht aus Brüssel und Berlin“.
Der mit Abstand bemerkenswerteste Vortrag war der von Dr. Paul Nemitz, seines Zeichens Direktor in der Direktion C der Europäischen Kommission – Grundrechte und Unionsbürgerschaft. Dr. Nemitz stellte den Vorschlag der EU-Kommission zum neuen EU-Datenschutzrecht vor, der im Januar des nächsten Jahres veröffentlicht werden soll.
Datenschutz als Wachstumsfaktor
Mehr Vertrauen in den Datenschutz führe zu Wachstum, sei dabei die These der Kommission, so Dr. Nemitz. Nur wenn die Bürger der EU Vertrauen in funktionierenden Datenschutz hätten, würden sie beispielsweise verstärkt in Online-Shops einkaufen. Der Schutz der Grundrechte und wirtschaftliches Wachstum seien dabei die zwei Seiten derselben Medaille.
Johnny can’t opt-out
Die Kommission legte ihren Reformbestrebungen die Erkenntnis zu Grunde, dass die derzeitigen Verhältnisse im Datenschutz von zwei Probleme geprägt sind: Die Regelungen und der datenschutzkonforme Umgang mit den neuen Techniken sind für den Durchschnittsnutzer zu kompliziert. Insbesondere für die deutschen Unternehmen stellt die Zuständigkeit von 16 verschiedenen Aufsichtsbehörden in den Ländern ein ernst zu nehmendes Hemmnis dar.
Komplexität reduzieren
Angestrebt werde eine deutliche Reduzierung der Komplexität der datenschutzrechtlichen Regelungen. An die Stelle des bisherigen Systems der Einzelvorschriften und Ausnahmen von der Ausnahme soll ein überschaubares Gerüst der „regulierten Selbstregulierung“ treten, mit einer einheitlichen Aufsicht für die Unternehmen, bei gleichzeitigem vollständigem Rechtsschutz für jeden EU-Bürger in seinem Land. Auch sollen die Behörden mit angemessenen Instrumenten ausgestattet werden, um die neuen Datenschutzvorgaben effektiv durchsetzen zu können. Hoffnungsweise werde es dann auch dazu kommen, dass der Europäische Gerichtshof durch Urteile zu einer einheitlichen Auslegung und Anwendung europäischer Datenschutzvorschriften beitragen werde.
Im Wandel der Zeit
Wir dürfen gespannt sein. Auf den Vorschlag der Kommission und darauf, ob sich diese vielversprechenden Ansätze und Überlegungen auch tatsächlich in der Praxis wieder finden werden. Neben den vorgestellten Plänen für ein vereinfachtes und besser durchsetzbares Datenschutzrecht war für mich als langjährige Praktikerin vor allem interessant, mit welcher Überzeugung Dr. Nemitz darlegte, dass Datenschutz in der Bedeutung der gesellschaftlichen Themen heutzutage das sei, was in den achtziger Jahren der Umweltschutz gewesen sei. Datenschutz werde „ein globaler Wettbewerbsfaktor“ sein. Nicht von ungefähr bemühe sich Indien um die Einführung eines Datenschutzrechts, das eng an europäischen Standards orientiert sei.
Es muss sich entwickeln
In der Praxis setzt sich die Überzeugung, dass Datenschutz ein Wettbewerbsfaktor ist, allerdings nur sehr langsam durch. Dazu fehlen immer noch die wirksamen Instrumente der Durchsetzung, seien sie von den Nutzern initiiert – wie bei der Europe versus Facebook Aktion – , seien sie staatlich veranlasst. Es wäre sehr zu wünschen, dass der Vorschlag der Kommission der Weiterentwicklung des europäischen Datenschutzrechts und seiner besseren Verwirklichung einen wirksamen Anstoß gibt.