Datenschutz: Gefährliche Erpressung in der Politik
Quelle: Financial Times Deutschland, 28.04.2011
Der neue Datenskandal bei Sony und Apple verdeutlicht die Wichtigkeit einer Zertifizierungsstelle für Unternehmen. Eine selten gute Idee der Liberalen – die das Bundesinnenministerium verschleppt, um sich bei den Themen Verhandlungsmasse zu sichern. Damit muss Schluss sein.
Da hat die FDP mal eine gute Idee, die selbst der konservativste Innenminister argumentativ nicht entkräften kann – und trotzdem droht sie am innerkoalitionären Ränkespiel zu scheitern. Die Rede ist von der lange geplanten Stiftung Datenschutz, einer Zertifizierungsstelle für Unternehmen, die gewissenhaft mit Nutzerdaten umgehen.
Angesichts der jüngsten Datenskandale um Sony und Apple scheint die Einrichtung einer solchen Stelle dringlicher denn je. Das wird auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich wissen. Und trotzdem verschleppt er das Projekt, um Verhandlungsmasse bei anderen Bürgerrechtsthemen wie der Vorratsdatenspeicherung zu behalten. Gut, mag man sagen, so läuft das nun mal in Berlin: Gibst du mir dies, geb ich dir das. Doch im Fall der Stiftung Datenschutz ist der politische Erpressungsversuch besonders ärgerlich. Denn er gefährdet ein Projekt, das es verdient hätte, möglichst schnell umgesetzt zu werden.
Die Stiftung wird natürlich nicht alle Datenschutzprobleme lösen können. Solange es das Internet gibt, wird es wohl auch erfolgreiche Hackerangriffe geben. Aber wenn das Projekt richtig angegangen wird, kann es ein marktwirtschaftliches Element einbringen: Wettbewerb.
Ein einheitliches Datenschutzsiegel, das sich an nachvollziehbaren Kriterien orientiert, ermöglicht es den Unternehmen, sich von ihren Konkurrenten positiv abzusetzen. Zugleich erhalten die Verbraucher endlich die Möglichkeit, aus einem transparenten Angebot auszuwählen, statt sich wie bisher auf ihr Bauchgefühl oder uneinheitliche Eigensiegel der Anbieter zu verlassen. Das Beispiel Stiftung Warentest zeigt, dass ein solches Modell sehr gut funktionieren kann.
Es setzt jedoch mündige Verbraucher voraus, die bereit sind, sich zu informieren, und ihre Daten nicht gedankenlos weiterreichen. Mit jedem neuen Datenskandal steigt die Chance, dass diese Voraussetzung erfüllt wird.
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