Vernetzte Autos – ein Gastbeitrag von Hans-Christian Schellhase

- Oktober 20, 2015

Premiere im PrivCom-Blog – unser Kollege Hans-Christian Schellhase hat sich mit den datenschutzrechtlichen Implikationen der vernetzten Autos („Connected Cars“) beschäftigt und die Ergebnisse für uns in einem mehrteiligen Gastbeitrag aufbereitet.

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Das Internet der Dinge und die fortschreitende allumfassende Vernetzung treiben Produkte und Geschäftsmodelle in allen Wirtschaftszweigen voran. Dieser Trend zeigt sich momentan besonders in der Automobilindustrie durch die sog. „Connected Cars“, über die wir Sie in dieser mehrteiligen Serie informieren möchten. Natürlich können auch wir bei diesem spannenden Thema nicht ganz aus unserer Haut heraus und betrachten die Connected Cars daher vor allem mit dem eher kritischen Blick eines Datenschutzbeauftragten bzw. Datensicherheitsexperten.

Einführung

Autos werden immer mehr zu rollenden Allround-Computersystemen, die mit der Umwelt, der Infrastruktur sowie dem Internet vernetzt sind und in alle Richtungen ohne Zutun des Fahrers kommunizieren. Wer heute Auto fährt, gibt daher auch eine Vielzahl persönlicher Daten preis.
Sicherheits-, Navigations- und Multimediasysteme sammeln Kilometer für Kilometer Informationen über den Fahrstil, den Standort und die Gewohnheiten der Autofahrer. Dies macht das Fahren durchaus sicherer, entspannter und umweltfreundlicher aber gleichzeitig gehen damit gravierende Gefahren für das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung einher – der Grundlage des deutschen und europäischen Datenschutzes.

Moderne Autos wissen alles

Moderne Autos wissen fast alles über ihre Fahrer und auch deren Mitfahrer. Bis zu 80 Steuergeräte erheben, speichern und verarbeiten mit Hilfe von Sensoren alle relevanten Fahr- und Fahrzeugdaten. Diese Daten sind dabei besonders für Automobilhersteller, Zulieferer, Werkstätten, Autobanken, Versicherungen, Arbeitgeber, Krankenkassen und Mobilitätsdienstleister, aber auch für Gerichte, Finanz- und Strafverfolgungsbehörden höchst interessant.

Im vernetzten Auto werden diese Daten dann über Schnittstellen unmerklich nach außen transportiert. Dies schafft eine vollkommen neue Lebenswirklichkeit, da sich der Betroffene dieser Form der Kommunikation nicht entziehen kann. Im schlimmsten Falle weiß er gar nicht, dass sein Fahrzeug kommuniziert.

Man könnte auch sagen: Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wird mit jedem gefahrenen Kilometer ein Stück weiter ausgehöhlt. Manche sagen auch: „abgeschafft“.

Spätestens mit der Einführung des automatischen Notrufsystems eCall im April 2018 ist jedes Neufahrzeug in der EU – etwa über das Mobilfunknetz – kommunikationsfähig. Die Zeiten also, in denen das Auto in gewisser Weise der digitale Rückzugsort gewesen ist, sind dann endgültig vorbei. Schon bald hinterlässt jedes Fahrzeug eine markante digitale Spur, aus der sich hochdetaillierte Bewegungs-, Verhaltens- und Persönlichkeitsprofile von Fahrer, Halter und anderen Personen ableiten lassen.

Technik

Dreh- und Angelpunkt des vernetzten Fahrzeugs ist die Sensor- und Steuerungstechnik. Moderne Fahrzeuge verfügen – wie bereits erwähnt – über bis zu 80 Steuergeräte. Diese regeln die aktiven und passiven Sicherheitssysteme sowie das reibungslose Zusammenspiel der technischen Fahrzeugkomponenten. Die hierfür notwendigen Daten erhalten die Steuergeräte von Sensoren. Diese erfassen u.a. Achslast, Beschleunigung, Bremsverhalten, Motordrehzahl, Lenkradeinschlag, Reifendrehzahl, Reifendruck, Temperatur, Querbeschleunigung, Geschwindigkeit und Verformungen. Andere Sensoren ermitteln, wie viele Personen wo im Fahrzeug sitzen, ob sie angeschnallt sind und wie laut die Musik im Innenraum ist.

Nichts entgeht den Sensoren

Auch gesundheitsrelevante fahrkritische Daten wie Pulsfrequenz, Handfeuchtigkeit, Körperhaltung, Allergenbelastung sowie der Atemalkoholgehalt werden von Sensoren erhoben und an die Steuergeräte weitergeleitet. Allein anhand der Augenbewegungen können die jeweilig verbauten Sensoren darüber hinaus die Fahrtauglichkeit erkennen.

Neben zahlreichen Sensoren, die für sich genommen schon eine Unmenge an Daten erheben, sind in einem modernen Auto aber auch Kameras und Radarsysteme verbaut, die das Fahrzeugumfeld überwachen. Videokameras – sog. Dash-Cams – werden jedoch nicht nur im Außen- sondern auch im Innenbereich von Fahrzeugen eingesetzt.

Die von den Sensoren und Kameras erhobenen Daten werden anschließend an die Steuergeräte übermittelt. Dort werden die erhobenen Ist-Daten mit den in den Steuergeräten hinterlegten bzw. errechneten Soll-Daten verglichen. Bei Abweichungen ergehen regulierende Steuerbefehle an die Bordelektronik, so wird etwa durch das Auto der Lenkradeinschlag des Fahrers korrigiert oder die Geschwindigkeit automatisch verringert.

Um Sensoren zu sparen, tauschen Steuergeräte Informationen auch untereinander aus. So werden etwa die für das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) erhobenen Daten auch für die Alarmanlage und das Kurvenlicht genutzt.

Ausblick auf Teil 2 – ausgewählte „Smart Services“

Weil Speicherplatz fast nichts mehr kostet und Computer immer schneller werden, lassen sich im sowie rund um das Auto gewaltige Mengen unterschiedlicher Daten verknüpfen und korrelieren. Dadurch sind vielfältige intelligente automobile Dienstleistungen, sog. „Smart Services“, möglich. Im zweiten Teil dieser Serie werden wir Ihnen eine kleine Auswahl dieser vielfältigen Angebote vorstellen.

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